NEWSLETTER #13 im Herbst 2018

Wolfgang Weigand, Rituale & Coaching



Aus dem Inhalt:

● Von einer besonderen Kunstaktion
● Gedanken zum Abschiednehmen
● In eigener Sache



Herbstlicher Abschied

Mit allem, was du mir warst
Nähe und Ferne
Innigkeit und Kälte
Freundlichkeit und Starrsinn
fehlst du mir

Für alles, was ich mit dir teilte
Mozart und Coltrane
Bäume und Steine,
Meeresrauschen und Gipfelwinde
Danke ich dir.

Für mich
Hätte es weitergehen können mit uns,
bis an die Grenzen
und wieder zurück
zum Ursprung.

Die Blätter sind bunt geworden
und die Träume
sanft gefallen
im Flug unserer Gedanken

irgendwohin
wo du jetzt bist
und wo auch ich sein werde.
wenn einmal
alles schläft
irgendwann.

(Wolfgang Weigand)
 





Lieber Leser, liebe Leserin dieses Newsletters

2014 wurde die über 4600 Meter hohe Ostspitze im Monte Rosa in der Schweiz umbenannt in Dunant-Spitze. Dies geschah zu Ehren von Henry Dunant, dem Gründer des Roten Kreuzes, und zur 150-Jahre-Feier der Genfer Konventionen. Die Schweiz also als Hort des humanitären Völkerrechts!? Weil der Schweizer Bundesrat das Verbot von Waffenexporten in Bürgerkriegsländer wie Jemen stark lockerte, hat nun ein Aktionskünstler dagegen protestiert: Roland Roos hat die Dunantspitze vor kurzem bestiegen, die Dunant-Gedenktafel abmontiert und neu im Zürcher Museum Haus Konstruktiv ausgestellt. Der Protest gegen illegale und alles andere als humanitäre Waffenlieferungen kostet ihm nun den kantonalen Werkbeitrag, den er als einer von 11 ausgewählten Künstlern hätte erhalten sollen: über 20 Tausend Franken. Seine Aktion hat also ihren Preis, der es ihm aber wert ist....

Ja: Überzeugungen, die uns wesentlich und wichtig erscheinen, haben manchmal ihren Preis, materiell, mental, energetisch, vielleicht auch seelisch. Und gleichzeitig geben sie sehr viel zurück an innerer Zufriedenheit, Inspiration, Glück und Befriedigung. Es lohnt sich, sich treu zu bleiben. Befriedigung hat ja auch mit Frieden zu tun, mit Lebensfreude, Genuss. Und mit Authentizität.

Dieses schöne Fremdwort, in aller Munde, erklärt Wikipedia mit der «Einheit von unmittelbarem Schein und eigentlichem Sein», als Eigenschaft einer Persönlichkeit, die sich «gemäss dem wahren Selbst, d.h. den eigenen Werten, Gedanken, Emotionen und Bedürfnissen» ausdrückt und sich nicht durch äussere Einflüsse bestimmen lässt. Vielleicht hat dies mit Reife zu tun, mit innerem Wachstum. Und auch mit einer Freude daran, sich von nicht mehr wichtigen Dingen oder Meinungen zu trennen, so wie die Bäume ihre Laubblätter im Herbst fallen lassen.

Vielleicht ist es auch so, wie es Rainer Maria Rilke über die Geduld schreibt: «Man muss den Dingen die eigene, stille ungestörte Entwicklung lassen, die tief von innen kommt und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann. Alles ist austragen – und dann gebären...»

Wenn die Dinge reif werden, ist es Zeit für die Ernte. Ich wünsche dir, euch und Ihnen für die Herbstzeit viele Reifungsprozesse und kraftvolle Momente. Es muss ja nicht gleich ein Viertausender wie die Dunant-Spitze sein...

Herzlichst

Wolfgang Weigand
 



Gedanken zur Liebe im Herbst



Grüne Blätter produzieren mit Hilfe von Sonnenlicht Nährstoffe für den Baum und sichern so sein Überleben. Blätter sind aber nicht nur nützlich für den Baum, sondern auch gefährlich. Über die Blätter verdunstet täglich eine grosse Menge Wasser! Wenn es im Sommer warm und feucht ist, hat der Baum damit keine Probleme. Doch die geringe Luftfeuchtigkeit und der Frost im Winter führen dazu, dass der Baum weniger Wasser zur Verfügung hat. So beschliesst der Baum selber, die Blätter loszuwerden, um in der kalten Jahreszeit zu überleben. Man könnte auch sagen: Sobald das Wasser knapp wird, müssen die Blätter fallen, damit der Baum überlebt.

Stellen Sie sich vor, zwei Liebende sind auch so wie die Bäume in den Jahreszeiten. Es gibt kraftvolle, vitale Phasen von Nähe, Inspiration und Lebendigkeit, in denen alles leicht und beschwingt, ja «vollständig» erscheint. Und dann erleben sie herbstliche Tage, in denen die Ressourcen knapp werden, Gespräche versanden, Berührungen selten werden und die Liebe nicht so spürbar ist. Dann ist es gut, Blätter, «alte Zöpfe», leer gewordene Rituale und Gewohnheiten, nicht mehr Nötiges loszulassen. Und sich zu fokussieren auf das, was wirklich zählt in Ihrer Beziehung: Verbundenheit, Offenheit, Vertrauen.

Das Fallen der Blätter im Herbst ist verbunden mit bunten Farben, Nebelschwaden am Morgen und Dunst über den Feldern. Es ist eine Transformation in einen neuen Zustand von Leere, Kälte und Klarheit des Winters. Jeder Übergang ist eine Krise, weil nichts mehr bleibt, wie es vorher war. Und weil sich dann alles wieder neu «ent-wickeln» kann, was vorher «ver-wickelt» war.

Ich wünsche Ihnen immer wieder solche Entwicklungsprozesse, ob in der Liebe, in Freundschaften, in Ihrer Familie oder im beruflichen Leben. Die Jahreszeiten machen uns das ja vor: es gibt immer auch eine Ahnung vom nächsten Frühling!

 



Gedanken zum Abschiednehmen



Ich habe vor einiger Zeit in einer Todesanzeige eine wundervolle Widmung gelesen:

«Wir haben Geborgenheit erfahren
gelacht
Auseinandersetzungen ausgehalten
diskutiert
philosophiert
unterstützt
Ratschläge erhalten
einige angenommen, andere nicht
einander machen lassen,
mal weniger, mal mehr
begleitet
liebevolle und heitere Momente erlebt
uns verabschiedet
und nun losgelassen»

Und dann kommt der Name der verstorbenen Frau mit dem Todesdatum...

Die Zeilen haben mich sehr berührt. Sie klingen poetisch, ehrlich, tiefgründig, liebevoll, bewegend. Ja, da ist ein Mensch gegangen mit vielen Facetten, der vieles ermöglicht hat und der nun sehr fehlen wird. Es ist aber auch offensichtlich eine Frau gewesen, deren Wesenart gewürdigt wurde, vielleicht weil sie eben authentisch gelebt hat.

Nachrufe sind eigentlich Epiloge zu einem gelebten Leben, so etwas wie eine Zusammenfassung aller Spuren, die jemand gelegt hat auf unserer Welt. Sie sind die Quintessenz dessen, was unser Leben ausgemacht hat. Und bei jedem Nachruf könnten Sie sich fragen: Was wird einmal über mich gesagt, wenn ich gehe? Welche essentiellen Dinge sollen dann erzählt werden über mich, über mein Leben, über das, was mir wichtig war, was mich geprägt oder umgetrieben oder inspiriert hat?

In Trauergesprächen frage ich oft die Hinterbliebenen, was sie beim verstorbenen Menschen gelernt haben, was er ihnen mitgegeben hat für eigene Lebenswege und Gedanken. Bei einigen Abschiedsfeiern habe ich folgenden Text von Ute Latendorf zitiert:

Von der Sonne lernen zu wärmen,
von den Wolken lernen leicht zu schweben,
vom Wind lernen Anstöße zu geben,
von den Vögeln lernen Höhe zu gewinnen,
von den Bäumen lernen standhaft zu sein.

Von den Blumen das Leuchten lernen,
von den Steinen das Bleiben lernen,
von den Büschen im Frühling Erneuerung lernen,
von den Blättern im Herbst das Fallenlassen lernen,
vom Sturm die Leidenschaft lernen.

Vom Regen lernen sich zu verströmen,
von der Erde lernen mütterlich zu sein,
vom Monde lernen sich zu verändern,
von den Sternen lernen einer von vielen zu sein,
von den Jahreszeiten lernen,
dass das Leben immer von neuem beginnt.

Ja, und was haben die Menschen, welche mich im Leben begleitet haben und für die ich da sein durfte, wohl von mir gelernt, wenn ich einmal von dieser Welt verabschiedet werde?
 



In eigener Sache:


Café Goodbye

Der Anlass vom Sonntag, 11. November 2018, steht unter dem Thema: «Trauer und Tod am Arbeitsplatz: Wie Organisationen damit umgehen können.» Carla Soldato hat eine Masterarbeit zu diesem Thema geschrieben und gibt uns spannende Einblicke darin, wie heute die Arbeitswelt mit Abschied und Vergänglichkeit umgeht. Türöffnung ist, im Bistro Dimensione an der Neustadtgasse 25 in Winterthur, wie immer um 9.00 Uhr, um 9.30 Uhr wird dann das Café Goodbye beginnen. Sie sind herzlich eingeladen!

Vorschau: Das nächste Café Goodbye am Sonntag, 24. Februar 2019, wird von der Pädagogin und Dozentin Gaby Grossen aus Bern zum Thema «Demenz und Würde» gestaltet werden. Sie leitet eine Selbsthilfegruppe und setzte sich dafür ein, dass der Arbeitgeber ihres an Frühdemenz verstorbenen Mannes 2010 den Preis der Schweizerischen Alzheimer-Stiftung erhalten hat.


Seminare/Kurse
 

  • Lebenslinien 50plus
    18. bis 21. Januar 2019 in Weyarn bei München

    Zusammen mit der Transaktionsanalytikerin und Trainerin Christa Binder aus Lauf a. d. Pegnitz darf ich diesen Kurs im wunderschönen Meditations- und Seminarzentrum Domicilium in Weyarn durchführen. Es ist ein Angebot für alle, die sich mit Facetten, Chancen und „Nebenwirkungen“ der 2. Lebenshälfte auseinandersetzen und Übergänge in der beruflichen und persönlichen Biografie bewusster gestalten möchten.

    Näheres zum Seminar findet sich unter diesem Direktlink. Ich freue mich auf Ihre Anmeldung (direkt an w.weigand@schritte.ch oder an info@christa-bender.de).
     

  • Vom Glück in der Liebe
    27. bis 30. Januar 2019 im Benediktushof Holzkirchen bei Würzburg
    » Näheres zum Seminar sowie Modalitäten zur Anmeldung

    15. bis 18. Februar 2019 in der Propstei St. Gerold in Vorarlberg
    » Näheres zum Seminar sowie Modalitäten zur Anmeldung

    Was heisst: «sich verlieben»? Und welche Menschen ziehen wir weshalb an? In diesem Kurs für Singles und Paare geht es um bisherige Muster in der Partnersuche bzw. des Verhaltens in einer Beziehung, aber vor allem auch um das Potenzial zur «befreiten» Liebe.
     



Impressum:

Wolfgang Weigand

Rituale & Coaching
neu seit 1. Juni 2018:
Mühlenstrasse 5
CH-8400 Winterthur

044 941 00 59
079 359 56 46

mailto:w.weigand@schritte.ch

www.schritte.ch
www.abschiedsfeiern.ch

Versandhinweis:
Der Newsletter erscheint vierteljährlich. In den letzten Newsletter ging es um die Espresso-Strategie, um das Anna-Karenina-Prinzip und um den Hofnarren. Wenn Sie diese Newsletter noch beziehen möchten, können Sie sie gerne unter w.weigand@schritte.ch anfordern.

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