NEWSLETTER #29
– Winter 2023 |
Wolfgang Weigand, Rituale & Coaching |
Aus dem Inhalt:
●
Gedanken und Gedichte zum Winter und zum Bleiben
● In eigener Sache
● Kabarett „Schwamm drüber“, Premierenlesung aus dem
neuen Roman, Seminarangebote
Wintertraum
Der Handschuh
lag im Schnee
verloren
von einem Kind beim Spiel
Und die Finger
verstreut am Ufer
und meine Blicke
hinaus ins Leere
Es taut bald
aber das Kind
weiss es nicht
Und friert
und fliegt
engelsgleich über den See
Bis ich erwache
(W. Weigand & J. Küng, Zwischenräume, WeiKü
Eigenverlag, 2020)
Vom
Warten…
Eine Kindheitserinnerung: am Heiligabend musste ich
einen Mittagsschlaf machen, um am Abend für Heidi und
der Geissenpeter wachbleiben zu dürfen. Aber ich
wollte und konnte nicht einschlafen vor Aufregung, und
die Zeit zog sich quälend lange dahin. Ich hatte ja
schon 4 Wochen ungeduldig auf diesen Abend gewartet –
und auf den Film.
Vor kurzem, Anfang November in irgendeinem Starbucks:
Weihnachtsmusik schallt aus den Boxen und freundliches
Personal hinter der Theke mit Weihnachtsmützen fragt
mich nach meinem Wunsch. Draussen hatte es milde 15
Grad. Immerhin müssen die Osterhasen warten, bis
Weihnachten vorbei ist, dachte ich. „Warten lernen wir
gewöhnlich dann, wenn wir nichts mehr zu erwarten
haben“, meinte M. L. von Ebner-Eschenbach vor über 100
Jahren.
„Allen, die die Tage zählen, bis…“ widmet Kathy Zarnegin
ihr kleines Buch „Exerzitien des Wartens“, in dem sie in
kurzen miniaturistischen Texten persönliche Wartezeiten
beschreibt – noch vor der global gedrückten Pause-Taste
durch den Lockdown 2020.
„Durch Warten wird die Gegenwart aufgewertet. Sie wird
zur empfundenen Zeit, zur überschäumenden Zeit“,
beschreibt die Autorin ein Paradox, das wir alle kennen:
Gerade dann, wenn wir uns wünschen, dass die Zeit
schnell vorbeigeht, zieht sie sich in die Länge. Mit
Ritualen des Wartens versuchen wir, sie zu vertreiben:
immer wieder aufs Handy schauen, im Wartezimmer beim
Arzt in Zeitschriften blättern, die uns eigentlich gar
nicht interessieren. Ja, das Nichtstun(-können oder
-dürfen) ist uns zutiefst unangenehm, während wir uns in
Stressphasen nach Zeit fürs Dolce far niente
sehnen. Dabei tut es gut, immer wieder mal einen Stopp
einzulegen, nichts zu tun, einfach den Augenblick
wahrnehmen oder den Himmel betrachten…
Halt
auf Verlangen
Wir sind
durch das Leben gesaust
haben Landschaften gestreift
Menschen nur kurz berührt
und Dinge angestossen
um sie dann
ihrem Lauf zu überlassen.
Wir haben
auf der Überholspur
Merkwürdiges vergessen
Liebgewonnenes verloren
und Augenblicke verpasst
Wir wollten
alles erleben
in kurzer Zeit
überschweigen
übertrinken
und überrennen
und uns aneinanderklammern
in der Angst
vor dem Stillstand
zwischen uns
Jetzt ist meine Uhr
tatsächlich
stehengeblieben
verloren
in der Zeit
Ich möchte
an einer Haltestelle
wieder einmal
Gras wachsen sehen
und unsere Liebe
auch.
(W. Weigand, Unentwegt, Königshausen & Neumann, Würzburg
2022)
Schon 1990 hat sich Paolo Virilio als «Denker der
Geschwindigkeit» in seinem Klassiker «Rasender
Stillstand» mit der Beschleunigung der Realität kritisch
auseinandergesetzt. Er befürchtet einen Fall der
Menschheit in die Ohnmacht durch eben diesen technischen
Fortschritt, der die Erde vermeintlich immer grösser und
den Horizont erweiternd wirken lässt, in der Realität
aber vielmehr schrumpft. Denn obwohl die Erde ohne
Grenzen scheint, ist ihr Raum endlich. Wir können also
nicht «ewig lang» einfach so «weiterrasen»…
…und
Bleiben
Vielleicht ist es wichtig, all dem, was «rasend schnell
vergeht» und flüchtig ist, einen Gegenpol zu setzen: das
Bleibende.
Es wäre schön, wenn noch was bleibt von mir, wenn ich
nicht mehr da bin. Das sagte mir vor wenigen Wochen
eine ältere Dame in einem Gespräch, in dem es um
Vorbereitungen für ihren eigenen Abschied ging. Dabei
blickte sie aus dem Fenster. Fallendes Herbstlaub
draussen, Verwirrspiel im Wind, wolkenverhangener
Himmel.
Was
bleibt
Die Menschen,
die bei der Geburt
dabei waren,
leben meist
beim eigenen Sterben
nicht mehr.
Und die zuletzt
am Bett wachen,
gab es meist
bei der Geburt
noch nicht.
Es ist also
ein ständiges Kommen
und Gehen.
Kein Wunder,
dass die Sehnsucht
nach dem Bleibenden
so gross ist,
sogar über den Tod
hinaus.
(W. Weigand, Unentwegt, Königshausen & Neumann, Würzburg
2022)
Liebe
Leserin und Leser des Newsletters
Wir haben auch in diesem fast vergangenen Jahr 2023
einiges erlebt, erliebt, durchgestanden, geteilt,
gehofft und gebangt, haben uns gefreut, gelacht und
geweint. Wir sind uns begegnet, haben uns verzaubern
lassen, vielleicht aber auch gelangweilt. Wir sind den
Geschehnissen in der Welt mit Fassungslosigkeit und
Staunen begegnet, mit träumenden Visionen und zynischem
Realismus. Wir haben verengte Meinungskorridore,
Polarisierungen und Abgründe erlebt, aber auch viel
Miteinander und menschliche Nähe. Wir sind vielleicht
durch das Leben gesaust im Multitasking-Modus, aber
haben hin und wieder auch still gewartet und einfach
durchgeatmet. Wir durften Vergänglichkeit von Ideen,
Idolen und oberflächlichen Vergnügungen erleben, aber
auch das Bleibende von etwas Wesentlichem.
An Weihnachten feiern wir die Geburt eines Kindes, eines
«Erlösers», was auch immer wir mit diesem Begriff
verbinden oder erhoffen. Etwas Neues und Wesentliches
ist damals auf die Welt gekommen, etwas Neues darf sich
immer auch heute, unter uns, in uns, ereignen.
Ich wünsche Dir, Euch und Ihnen unbeschwerte, leichte,
ehrliche und wertvolle Momente an den Weihnachtstagen.
Inspirierendes, Beglückendes, stille Augenblicke,
nährende Begegnungen und viel Zuversicht für das neue
Jahr. Und immer wieder: Momente des Innehaltens, damit
das bleiben kann, was wertvoll ist.
Herzlichst
Wolfgang Weigand
In eigener Sache
Ich habe am
2. Dezember 2023 den Kurs Psychologische Nothilfe beim
Schweizerischen Berufsverband für Angewandte Psychologie
(SBAP) erfolgreich abgeschlossen und bin nun auch
offiziell
Fachperson
psychologische Nothilfe.
Ich freue mich sehr über diese qualifizierte Erweiterung
meines beruflichen Spektrums, in dem ich seit über 20
Jahren intensiv mit trauernden Menschen arbeiten bzw.
Familiensysteme beim Abschied unterstützen darf, um die
Dimension von akuten Krisen bzw. Traumatisierungen.
Und an dieser Stelle gerne noch eine Vorankündigung.
Carla Soldato und ich werden das Café Goodbye an
den Sonntagmorgen wieder neu im wunderschönen Kafi Rauke
(Winterthur, Zeughausstrasse 52) aufleben lassen. Die
erste Veranstaltung «Mit Kindern über den Tod reden»
findet am 21. April 2024 um 9.30 Uhr statt.
Näheres dazu folgt noch im nächsten Newsletter.
Kultur und Seminarangebote
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Kabarett "Schwamm drüber"
Seit den November 23 bin ich nun mit meinem 5.
Soloprogramm unterwegs. «Schwamm drüber» ist wie
immer ein
musikalisch-philosophisch-absurd-schräger-witziger-politischer
Parcoursritt durch den Wahnsinn dieser Tage.
Die nächsten Auftritte sind:
11.01.2024,
20.00 Uhr, Kellertheater Winterthur,
12.01.2024,
20.00 Uhr, Kellertheater Winterthur (ausverkauft)
02.02.2024,
20.00 Uhr, Theater Palino, Baden
07.02.2024,
19.30 Uhr, Disharmonie Schweinfurt / D
(Reservationen via:
info@disharmonie.de)
23.02.2024,
20.00 Uhr, Gemeindesaal Zell (Reservationen via:
abiszellkultur@gmail.com)
01.03.2024,
19.30 Uhr, Studiobühne Z, Brütten (Reservationen
via:
info@studiobuehnez.ch)
08.03.2024,
19.00 Uhr, Krönung Burgdorf, Casinotheater Burgdorf
09.03.2024,
18.00 Uhr, Krönung Aadorf, Gemeindezentrum Aadorf
»
Aktuelle neue Termine, Presseberichte sowie ein
Filmtrailer der Premiere vom 4.11.23
»
Reservationen für den 11.1. und für den 2.2. via:
w.weigand@schritte.ch
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Neuer Roman:
«Die Auflösung des Georg B.» und Lesung in
Winterthur
Seit kurzem ist mein neuer Roman auf dem Markt!
Georg
B., erfolgreicher Mitarbeiter eines grossen
Finanzdienstleisters, führt seit Jahren ein
Doppelleben zwischen Zürich und Sankt Gallen mit
zwei Familien, die voneinander nichts wissen. Georgs
bisheriger Lebensentwurf wird durch eine verordnete
Quarantänemassnahme in der Pandemie
gezwungenermassen beendet. Aber er kann sich nicht
zwischen den Familien entscheiden, er hat keinen
Ort, um zu bleiben. Stattdessen verschwindet er und
taucht unter, bis er eine radikale Beendigung seiner
Situation erzwingen will…
«Wolfgang Weigand beschreibt eindringlich die
seelische Verfassung, welche sich aus dem
Doppelleben und den äusseren Umständen ergibt…» -
(Kommentar eines Erstlesers)
Bestellungen
sind direkt hier bei mir möglich oder auch
direkt beim Verlag in Würzburg.
Die
Premierenlesung
findet statt am
Freitag, 26. Januar 2024,
im
Gemeinschaftsraum Spätwerk, St. Georgenstrasse
33/35,
Winterthur,
um 19.30 Uhr, musikalische Begleitung am Cello.
Ich freue mich sehr auf euer Kommen!
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Seminar für Liebesuchende und Paare:
Vom Glück in der Liebe
Liebe ist das Thema, das uns am meisten bewegt und
inspiriert, oder umtreibt und verletzt. Ist die
Liebe an sich so widersprüchlich oder sind wir es
selber, auf der Suche nach ihr? Was bedeutet
eigentlich: sich verlieben? Wen oder was suchen wir
in der Liebe? Welche Menschen ziehen wir weshalb an?
Do-So, 8.–11. Februar 2023: Benediktushof Holzkirchen
bei Würzburg/D
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Nähere Infos und Anmeldung
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Workshop: Lebensqualität und Patientenverfügung
Liebe ist das Thema, das uns am meisten bewegt und
inspiriert, oder umtreibt und verletzt. Ist die
Liebe an sich so widersprüchlich oder sind wir es
selber, auf der Suche nach ihr? Was bedeutet
eigentlich: sich verlieben? Wen oder was suchen wir
in der Liebe? Welche Menschen ziehen wir weshalb an?
Sa, 24. Februar 2024:
Mühlestrasse 5 in Winterthur
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Nähere Infos und Anmeldung
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Seminar für Trauernde:
Vom Umgang mit Trauer und Abschied
Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens
Verlusterfahrungen. Dies löst Trauer aus. Wie kann
sie gut gelebt werden, so dass das Leben wieder gut
weitergeht? In diesem Kurs geht es um den eigenen
Umgang mit Trauer und Verlust, um Biografie-Arbeit
und Bilder von Abschied, Tod und Jenseits, um die
Kunst des Abschiednehmens, um das „Feiern“ der
Vergänglichkeit sowie um hilfreiche Rituale für den
Abschied.
So, 24.
März 2024. März 2023: Kartause Ittingen
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Nähere Infos und Anmeldung
Ich freue mich auf Deine / Ihre Anmeldung!
Impressum:
Wolfgang Weigand
Rituale & Coaching
Mühlestrasse 5
CH-8400 Winterthur
044 941 00 59
079 359 56 46
mailto:w.weigand@schritte.ch
www.schritte.ch
www.abschiedsfeiern.ch
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